Erneute Reform des Nachweisgesetzes  

Ein Mann sitzt am Schreibtisch vor einem Bildschirm und schaut auf ein Tablet

Die Digitalisierungen der betrieblichen Altersversorgung wird rechtssicherer.

Am 22. September 2022 berichteten wir in Hagemanns Bilanzen  von Änderungen im Nachweisgesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union („Arbeitsbedingungenrichtlinie“) vom 31.07.2019. Damals musste insbesondere davon berichtet werden, dass der zu Beginn des Arbeitsverhältnisses erforderliche Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in elektronischer Form gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 NachwG ausgeschlossen bleibt.

Hinsichtlich der Folgen des Schriftformerfordernisses für die betriebliche Altersversorgung und Zeitwertkonten werden unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten, die bei den Arbeitgebern zu Unsicherheiten führen, ob und wie sich die gesetzliche Bestimmung auf die gelebten digitalen Prozesse bei diesen Benefits auswirken.

Nachweis bei Beginn des Arbeitsverhältnisses

Mit dem „Vierten Gesetz zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie“ hat der Gesetzgeber seine im Jahr 2022 vertretene Auffassung zum Formerfordernis des zu Beginn des Arbeitsverhältnisses erforderlichen Nachweises über die wesentlichen Vertragsbedingungen geändert. Das Schriftformerfordernis des § 2 Abs. 1 S. 1 NachwG ist künftig nicht mehr der Regelfall. Vielmehr bedarf der Nachweis in Zukunft nur noch der Textform. Die Schriftform ist ausnahmsweise nur noch dann zwingend zu beachten, wenn Arbeitnehmer

  • einen schriftlichen Nachweis verlangen oder
  • in einem Wirtschaftsbereich oder -zweig nach § 2a Abs. 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes tätig sind.

Weiterhin ist zu beachten, dass für den Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen nicht nur die Textform einzuhalten ist. Vielmehr muss das dem Nachweis dienende Dokument den Arbeitnehmer zugänglich sein, von ihnen gespeichert und ausgedruckt werden können. Zudem muss der Arbeitgeber die Arbeitnehmer mit der Übermittlung des Dokuments auffordern, einen Empfangsnachweis zu erteilen. Der Empfangsnachweis erfordert keine besondere Form.

Der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen muss ausweislich der Gesetzesmaterialien individuell gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer erfolgen. Es ist nicht ausreichend, wenn in dem Dokument auf andere Dokumente verwiesen wird (wie z. B. eine am Schwarzen Brett ausgehängte Gesamtzusage). Dies gilt aber nicht, wenn es sich bei diesen Dokumenten um für das Arbeitsverhältnis maßgebliche Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen, handelt.

Mitteilung im laufenden Arbeitsverhältnis

Werden im laufenden Arbeitsverhältnis wesentliche Vertragsbedingungen geändert, so ist die Änderung bislang nach § 3 S. 1 NachwG schriftlich mitzuteilen. Diese Verpflichtung entfällt künftig, wenn den betroffenen Arbeitnehmer hinsichtlich der Änderung ein Änderungsvertrag in Textform übermittelt worden ist. Wobei auch hier die zusätzlichen Anforderungen für den Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen zu beachten sind. Das bedeutet zum einen, dass der Änderungsvertrag den Arbeitnehmer zugänglich sein, von ihnen gespeichert und ausgedruckt werden können muss. Zum anderen muss der Arbeitgeber die Arbeitnehmer mit der Übermittlung des Dokuments auffordern, einen Empfangsnachweis zu erteilen. Werden also Entgeltumwandlungsvereinbarungen digital, beispielsweise über Mitarbeiterportale abgeschlossen, bedeutet dies, dass künftig hierbei die vorgenannten Anforderungen eingehalten werden müssen.

Inkrafttreten

Die Änderungen des Nachweisgesetzes treten am ersten Tag des auf die Verkündung folgenden Quartals in Kraft. Es ist daher zu erwarten, dass sie ab dem 1.1.2025 gelten.

Fazit

Mit der erneuten Reform des Nachweisgesetzes hat der Gesetzgeber die Tür zur Digitalisierung wieder ein Stück weiter geöffnet. Es stellt sich nicht mehr wie nach der letzten Reform die Frage, ob zusätzliche Papiervorgänge eingeführt oder bereits gelebte digitale Prozesse zurückgedreht werden müssen. Vielmehr können bislang in Papierform abgewickelte Prozesse, z. B. der Abschluss von Entgeltumwandlungsvereinbarungen, forciert digitalisiert werden. Bereits gelebte digitale Prozesse sind gegebenenfalls an die besonderen Anforderungen anzupassen. Ob und in welchem Umfang Arbeitnehmer zu Beginn des Arbeitsverhältnisses zusätzliche schriftliche Nachweise verlangen werden, bleibt abzuwarten. Es ist nicht zu erwarten, dass entsprechende Verlangen ein Massenphänomen werden.

Zwar hat der Gesetzgeber vorliegend die Gelegenheit versäumt, auch die beispielsweise in § 6a EStG vorgegebene Schriftform durch die Textform zu ersetzen. Jedoch hat der Nationale Normenkontrollrat vorgeschlagen anlässlich seiner Stellungnahme zum sog. Zweiten Betriebsrentenstärkungsgesetz, die Anpassungen im Nachweisgesetz auch im Steuerrecht nachzuziehen. Es ist daher zu hoffen, dass die Schriftform des § 6a EStG sowie des § 4d EStG bei Pensionszusagen auch bald durch die Textform ersetzt wird.

Über den/die Autor:in(nen)
Joachim H. Kaiser

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