Lage der Pensionskassen: Herausforderungen und Chancen  

Ein Mann telefoniert im Empfangsbereich eines Bürogebäudes

22 Januar 2025

Die Pensionskassen in Deutschland sehen sich einer dynamischen und herausfordernden Landschaft gegenüber, die von regulatorischen Anforderungen, demografischen Veränderungen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geprägt ist.

Pensionskassen sind ein zentraler Pfeiler der betrieblichen Altersversorgung (bAV) in Deutschland. Rund 29 % der gesamten Deckungsmittel in der bAV entfallen auf Pensionskassen (Stand 2022). 

Damit sind sie nach den Direktzusagen der bedeutendste Durchführungsweg.

Im November 2024 veröffentlichte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Vorjahresstatistik der Pensionskassen, die einen detaillierten Überblick über deren Situation gibt. Diese Daten, zusammen mit den Aussagen der BaFin auf der aba Pensionskassentagung im September 2024, bieten wertvolle Einblicke in die gegenwärtige Lage und die zukünftigen Perspektiven der Branche.

1. Aktuelle Statistiken und Trends

Die folgende Tabelle zeigt wichtige Kennzahlen der Pensionskassen in den letzten fünf Jahren:
In der Tabelle werden die Anzahl der beaufsichtigten Kassen, die Versichertenanzahl, gebuchte Bruttobeiträge, Kapitalanlagen und Bedeckung der Solvabilitätskapitalanforderung für die Jahre 2019 bis 2023 dargestellt.
  • Anzahl der beaufsichtigten Kassen: Der Rückgang von 135 im Jahr 2019 auf 124 im Jahr 2023 weist auf die beginnende Konsolidierung innerhalb der Branche hin. Diese Entwicklung ist nicht überraschend, da kleinere Kassen oft Schwierigkeiten haben, die steigenden regulatorischen Anforderungen umzusetzen und die erforderlichen Ressourcen für eine effiziente Verwaltung bereitzustellen.
  • Versichertenzahl: Gleichzeitig ist die Anzahl der Versicherten von 9,7 auf 10,4 Millionen gestiegen, was die grundlegende Bedeutung der Pensionskassen für die Branche der Altersvorsorge unterstreicht. Diese Zunahme zeigt, dass Pensionskassen nach wie vor eine attraktive Option für Unternehmen und deren Mitarbeitenden darstellen können, auch wenn laut BaFin etwa die Hälfte der Kassen für den Neuzugang geschlossen ist.
  • Gebuchten Bruttobeiträge: Die gebuchten Bruttobeiträge sind in den letzten Jahren von 6,9 auf 6,4 Milliarden Euro gesunken. Dies kann angesichts der gestiegenen Versichertenanzahl ein Anzeichen dafür sein, dass die Neuzugänge eher geringere Leistungen zu erwarten haben.  
  • Kapitalanlagen: Das Volumen der Kapitalanlagen ist kontinuierlich von rund 179 auf 206 Milliarden Euro im Jahr 2023 gestiegen. Die finanzielle Lage der Pensionskassenbranche hat sich aufgrund des Zinsanstiegs der letzten Jahre verbessert. Höhere Zinsen ermöglichen es den Kassen, ihre Verpflichtungen besser zu decken und gleichzeitig eine angemessene Rendite für die Versicherten zu erzielen.
  • Bedeckung der Solvabilitätskapitalanforderung: Ein besonders positiver Trend zeigt sich in der Bedeckung der Solvabilitätskapitalanforderung, die in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen ist und im Jahr 2023 bei 147,5 % liegt. Auch hier spiegeln sich die höheren Renditen auf den Kapitalmärkten wider.

2. Aktuelle wirtschaftliche Lage der Pensionskassen aus Sicht der BaFin

Die wirtschaftliche Lage vieler Pensionskassen hat sich in den letzten Jahren stabilisiert. Der Zinsanstieg hat die Finanzsituation vieler Einrichtungen erheblich entlastet. Laut BaFin sank die Zahl der unter intensivierter Aufsicht stehenden Pensionskassen von 40 im Jahr 2020 auf unter 20 im Jahr 2023. Dies ist ein deutliches Zeichen für eine verbesserte Risikotragfähigkeit der Kassen. Dennoch bestehen weiterhin große Divergenzen zwischen den einzelnen Kassen, insbesondere hinsichtlich ihrer Fähigkeit, die Verpflichtungen gegenüber den Versicherten zu bedecken.

Die BaFin-Prognoserechnung zeigt, dass einige Kassen auch in den kommenden Jahren Schwierigkeiten haben könnten, ihre Verpflichtungen vollständig zu erfüllen. Die Kapitalanlagen vieler Kassen bestehen zu einem großen Teil aus langfristigen Zinspapieren. Obwohl diese durch den Zinsanstieg an Wert gewonnen haben, belaufen sich die stillen Lasten bei den unter BaFin-Aufsicht stehenden Pensionskassen immer noch auf rund 14 Milliarden Euro, was nur einen leichten Rückgang vom Höchststand mit rund 17 Milliarden Euro darstellt.

3. Konsolidierung der Pensionskassen

Die Herausforderungen, vor denen kleinere Pensionskassen stehen, sind vielfältig. Oftmals haben sie nicht die gleichen Ressourcen wie größere Kassen, um in moderne Anlagestrategien zu investieren oder die erforderlichen regulatorischen Anforderungen zu erfüllen. Dies führt häufig zu einer geringeren Effizienz und Rentabilität. Es ist außerdem zu vermuten, dass gerade kleinere Pensionskassen vom demographischen Wandel und dem daraus ausgelösten Fachkräftemangel besonders betroffen sind. Die BaFin hat daher alle Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung im letzten Jahr zu den Auswirkungen des Fachkräftemangels befragt. Eine Veröffentlichung der Ergebnisse aus dieser Befragung steht allerdings noch aus. Hohe Verwaltungskosten, geringe Beitragseinnahmen und abnehmende Bestandsgrößen gefährden zudem die finanzielle Stabilität. Auch auf der Leistungsseite belastet die demografische Entwicklung in Deutschland die Pensionskassen, da die daraus resultierende Rentenbezugsdauer deutlich länger ist als ursprünglich kalkuliert und damit zu einem höheren finanziellen Aufwand führt. Insbesondere kleinere Pensionskassen sind hiervon betroffen, da sie oft nicht über die notwendigen finanziellen Ressourcen verfügen, um diese zusätzlichen Belastungen zu bewältigen.

Bestandsübertragung

Die BaFin hat daher die Notwendigkeit hervorgehoben, kleinere Kassen zu ermutigen, ihre Bestände auf größere Kassen zu übertragen, um die Risiken zu minimieren und die Effizienz zu steigern.

Durch Übertragung der Versichertenbestände kleinerer auf größere Kassen (und in geringerem Umfang durch die Liquidation kleinerer Kassen) hat sich in den letzten fünf Jahren die Zahl der Pensionskassen um etwa 10 % verringert.

Die BaFin hat diese Entwicklungen aktiv gefördert, da sie für alle Beteiligten Vorteile bieten kann:

Aus Sicht der Kassen:

  • Ressourcenschonung: Die Konzentration der Bestände führt insgesamt zu größeren Kassen, die über mehr Ressourcen und Expertise verfügen, um ihre Anforderungen effizienter zu erfüllen.
  • Skaleneffekte: Größere Kassen können durch Skaleneffekte ihre Kosten senken und somit eine höhere Rendite für die Versicherten erzielen.
  • Stabilität: Die Übertragung auf eine größere Kasse kann die finanzielle Stabilität der Versicherten erhöhen, da größere Kassen in der Regel besser diversifiziert sind und über stabilere Einnahmequellen verfügen.

Aus Sicht der Versicherten und der BaFin:

  • Risikominimierung: Die BaFin kann durch die Konsolidierung das Risiko von Insolvenzen und finanziellen Engpässen in der Branche verringern.
  • Effiziente Aufsicht: Eine geringere Anzahl von Kassen erleichtert die Aufsicht und ermöglicht eine gezieltere Regulierung.
  • Schutz der Versicherten: Die BaFin kann sicherstellen, dass die Versicherten in stabilen und gut geführten Kassen untergebracht sind, was den Schutz der Altersvorsorge erhöht.

Auflösung von Pensionskassen

In der Vergangenheit haben einige Pensionskassen ihre Geschäftstätigkeit eingestellt, indem sie ihr Restvermögen gemäß einem festgelegten Verteilerschlüssel an die Versicherten auskehrten. Um diesen Prozess zu erleichtern, sah der Entwurf des Betriebsrentenstärkungsgesetzes II eine Ergänzung des § 3 BetrAVG um einen neuen Absatz 7 vor, der kleineren Pensionskassen eine geordnete Auflösung oder Abwicklung ermöglichen sollte. Diese gesetzliche Klarstellung sollte sicherstellen, dass die Pensionsverpflichtungen in dem Umfang als erfüllt gelten, wie sie von der jeweiligen Kasse tatsächlich geleistet wurden.

Allerdings besteht das Risiko, dass arbeitsrechtliche Verpflichtungen in Einzelfällen über die in der Satzung festgelegten Leistungen hinausgehen könnten.

Aufgrund des Bruchs der Ampelkoalition sind jedoch wichtige Gesetzgebungsverfahren, einschließlich dieses Reformvorhabens, ins Stocken geraten. Es bleibt abzuwarten, ob die neue Regierung diese Initiative wieder aufgreift und ob sich dadurch für kleinere, rentnerlastige Pensionskassen neben der Bestandsübertragung eine zusätzliche und ggf. finanziell attraktivere Möglichkeit zur Abwicklung eröffnet.

Ausgliederung wichtiger operativer Tätigkeiten

Ein Zusammenschluss durch die Ausgliederung wichtiger operativer Tätigkeiten begünstigt ebenfalls die Konsolidierung von Pensionskassen.

Ein aktuelles Beispiel hierfür ist die Entscheidung der Pensionskasse vom Deutschen Roten Kreuz (DRK PK) und der Verka VK Kirchliche Vorsorge, den gesamten operativen Geschäftsbetrieb der DRK PK sukzessive auf die Verka auszugliedern, um die Effizienz und den Service für die Versicherten zu verbessern, während die DRK PK aber gleichzeitig bestehen bleibt. Diese Maßnahme zielt darauf ab, Synergien zu realisieren und einen effektiven Geschäftsbetrieb in einem zunehmend regulierten und digitalisierten Umfeld zu gewährleisten.

4. Fazit

Die Pensionskassen in Deutschland stehen vor einer Vielzahl von Herausforderungen, die durch wirtschaftliche Rahmenbedingungen, regulatorische Anforderungen und demografische Veränderungen geprägt sind. Die aktuelle Konsolidierung, unterstützt durch die Ausgliederung operativer Tätigkeiten und die Übertragung von Beständen auf größere Kassen, bietet jedoch auch Chancen zur Effizienzsteigerung und Stabilität.

Die positiven Entwicklungen in der finanziellen Lage vieler Pensionskassen, wie die gestiegene Bedeckung der Solvabilitätskapitalanforderung und das Wachstum der Kapitalanlagen, sind ermutigende Zeichen für die Zukunft. Dennoch bleibt abzuwarten, wie sich die Branche in den kommenden Jahren weiterentwickeln wird, insbesondere im Hinblick auf die Anpassungsfähigkeit an neue regulatorische Rahmenbedingungen und die sich verändernden Bedürfnisse der Versicherten. Die Pensionskassen müssen weiterhin proaktiv handeln, um ihre Rolle als verlässlicher Partner in der Altersvorsorge zu festigen und den Herausforderungen der Zukunft erfolgreich zu begegnen.

Die Kapitalmarktlage hat sich für Pensionskassen deutlich verbessert; die Konsolidierung der Branche schreitet voran.
Über den/die Autor:in(nen)
Henning Tewes

Principal, Pension Funding Consulting

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