Pensionsrückstellungen für wertpapiergebundene Zusagen 

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03 März 2025

Auch wertpapierabhängige Leistungen sind in die steuerlichen Pensionsrückstellungen einzubeziehen.

Mit Beschluss vom 04.09.2024 (XI R 25/21) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass auch für rein wertpapiergebundene Zusagen Pensionsrückstellungen in der Steuerbilanz gebildet werden können. Die Auffassung der Finanzverwaltung entsprechend dem BMF-Schreiben vom 17.12.2002 wurde deutlich zurückgewiesen.

Das BMF-Schreiben vom 17.12.2002

Die Finanzverwaltung vertritt seit Jahrzehnten die Auffassung, dass bei wertpapierabhängigen Versorgungszusagen der Wert der Wertpapiere für die Höhe der steuerlichen Pensionsrückstellungen unerheblich ist.

Im Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 17.12.2002 (V A 6 – S 2176 – 47/02) werden dazu zwei Argumente angeführt: Zum einen bestehe im Hinblick auf den Wert der Wertpapiere kein Rechtsanspruch, zum anderen handele es sich beim aktuellen Wert der Wertpapiere oberhalb der Mindestgarantie um eine ungewisse Erhöhung, für die nach dem Stichtagsprinzip keine Rückstellung gebildet werden dürfe.

Es dürfe daher nur eine Pensionsrückstellung für die fest zugesagte Mindestleistung gebildet werden.

Die Argumentation des BMF ist fadenscheinig. Nur weil Bemessungsgrößen schwanken, entfällt nicht der Rechtsanspruch, und ungewisse Erhöhungen spielen nur für die Zeit nach dem Bilanzstichtag eine Rolle. Soweit die Wertpapiere am Bilanzstichtag bereits einen bestimmten Wert erreicht haben, handelt es sich nicht um ungewisse Erhöhungen.

In der Praxis wurde der Auffassung der Finanzverwaltung aber gefolgt. Andernfalls hätte die steuerliche Betriebsprüfung die steuerlichen Pensionsrückstellungen beanstandet.

Und genau das ist hier geschehen. 

Der entschiedene Fall

Im entschiedenen Fall lagen keine wertpapiergebundenen Versorgungszusagen im engeren Sinne vor. Die späteren Versorgungsleistungen waren nicht direkt an ein Wertpapier, sondern an eine Rückdeckungsversicherung gebunden.

Die späteren Versorgungsleistungen entsprachen jeweils genau der fälligen Versicherungsleistung aus den abgeschlossenen Rückdeckungsversicherungen. Die Rückdeckungsversicherungen wiederum waren fondsgebunden und sahen keine Mindestleistung vor. 

Auch der Arbeitgeber hatte keine Mindestleistung zugesagt. Faktisch hingen die Versorgungsleistungen daher ausschließlich vom Wert der Fondsanteile ab. Aus wirtschaftlicher Sicht handelt es sich also tatsächlich um wertpapiergebundenen Zusagen.

Die Zusagen waren teilweise arbeitgeber- und teilweise arbeitnehmerfinanziert. Künftige Beiträge wurden jährlich neu zugesagt.

Das Unternehmen hat Rückstellungen in Höhe des Deckungskapitals der Versicherungen, also in Höhe des Wertes der Fondsanteile, angesetzt, und damit die handelsbilanzielle Sichtweise übernommen.

Die Finanzverwaltung wollte entsprechend dem BMF-Schreiben vom 17.12.2002 dagegen keine Rückstellungen anerkennen, weil keine Mindestleistung zugesagt war.

Die Argumente der Finanzverwaltung 

Die Finanzverwaltung hat verschiedene Argumente herangezogen, um zu begründen, dass eine Rückstellungsbildung nicht zulässig sei. Zwei davon sind bereits im BMF-Schreiben vom 17.12.2002 angeführt: 

  • Soweit die Leistungen ausschließlich vom Wert der Wertpapiere abhängen, liegt kein Rechtsanspruch vor.  
  • Soweit die Leistungen über eine zugesagte Mindestleistung hinausgehen, liegt eine ungewisse Erhöhung vor. 

Das Thema hat für die Finanzverwaltung grundsätzliche Bedeutung, weshalb  das BMF dem

Verfahren beigetreten ist. Es wurden weitere Argumente angeführt: 

  • Es bestehe ein steuerschädlicher Vorbehalt, da die Leistungen bei Kursverlusten gekürzt werden könnten. 
  • Die Versorgungsleistungen seien abhängig von künftigen gewinnabhängigen Bezügen, weshalb eine Rückstellung nicht zulässig sei. 
  • Die Zusage sei keine beitragsorientierte Versorgungszusage, sondern eine reine Beitragszusage, für die keine Rückstellung gebildet werden dürfe. 
  • Wertpapiergebunden Zusagen haben keine Versorgungszweck, sondern dienten ausschließlich der Vermögensbildung, weshalb Pensionsrückstellungen nicht zulässig seien.

Der BFH wies all diese Ausführungen mit ausführlicher Begründung zurück.

Die Argumente des Unternehmens

Das Unternehmen hatte Pensionsrückstellungen in Höhe des Wertes der Wertpapiere am Bilanzstichtag gebildet. Diese Vorgehensweise ist durch den Wortlaut von § 6a EStG nicht gedeckt.

Das Unternehmen argumentierte daher in erster Linie mit der Anwendung der anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik, wonach versicherungsgebundene Versorgungszusagen mit dem Deckungskapital der Versicherung zu bewerten seien.  Der Gesetzgeber habe es versäumt, eine sachgerechte Regelung für diesen Zusagetyp zu schaffen. Zudem müsse die Vorgabe, wonach für Entgeltumwandlungszusagen mindestens der Barwert der unverfallbaren Anwartschaft anzusetzen sei, für alle Zusagen gelten, bei denen die Unverfallbarkeit genauso geregelt ist wie bei Entgeltumwandlungszusagen, also auch für arbeitgeberfinanzierte beitragsorientierte Leistungszusagen.

Der BFH wies auch diese Ausführungen anhand des Gesetzestextes zurück.

Die Höhe der Pensionsrückstellungen

Da weder Unternehmen noch Finanzverwaltung mit ihrer Auffassung zur Höhe der steuerlichen Pensionsrückstellungen richtig lagen, hat der BFH in Übereinstimmung mit der Vorinstanz entschieden:

  • Die zu bewertenden Leistungen ergeben sich nach dem Stichtagsprinzip aus dem Wert der Wertpapiere am Bilanzstichtag, d. h., es sind keine künftigen Erhöhungen zu berücksichtigen. 
  • Die Abzinsung dieser Leistungen erfolgt mit 6 %. 
  • Für den arbeitgeberfinanzierten Teil sind die zu bewertenden Leistungen mit dem Teilwert (Barwert der künftigen Leistungen abzüglich des Barwertes der künftigen Prämien) zu bewerten. Nur für Entgeltumwandlungszusagen ist dieser Wert auf den Barwert der unverfallbaren Anwartschaft anzuheben. 

Im vorliegenden Fall gab es weder festgelegte künftige Beiträge noch eine zugesagte Mindestleistung, so dass der BFH nicht entscheiden musste, wie damit umzugehen ist.

Bewertung der Entscheidung

Die Entscheidung des Bundesfinanzhofes ist zu begrüßen. Die Finanzverwaltung hat in den letzten Jahren versucht, die steuerlichen Restriktionen für die Rückstellungsbildung immer weiter auszulegen. So wurde der Begriff der gewinnabhängigen Leistungen mehr und mehr auf schwankende Größen ausgeweitet, die gar nicht vom Gewinn des steuerpflichtigen Unternehmens abhängen.

Ein anderes Beispiel ist die Behandlung ungewisser Erhöhungen, die ja bereits im BMF-Schreiben vom 17.12.2002 sehr weit ausgelegt wurden: Hier wurden auch Erhöhungen der Vergangenheit als ungewiss angesehen, weil es noch möglich ist, dass sie durch künftige Minderungen wieder kompensiert werden. Das widerspricht aber dem Stichtagsprinzip, wonach es bei der Höhe der Bemessungsgrößen auf den Stand am Bilanzstichtag ankommt.

Das Unternehmen hat die Regelungen in § 6a EStG ebenfalls sehr weit ausgelegt. Die anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik können nicht den Teilwert als Bewertungsverfahren aushebeln, sondern stecken nur den Rahmen, wie dieser Teilwert zu berechnen ist.

Bei der Berechnung der steuerlichen Pensionsrückstellungen ist nach der Entscheidung des BFH also auch der Wert der Wertpapiere zu berücksichtigen, allerdings ohne die ungewissen Wertveränderungen in der Zukunft. Da diese Leistungen mit 6 % abgezinst werden, ergeben sich daraus in vielen Fällen keine wesentlichen Rückstellungserhöhungen.

Offen bleibt, wie eine zugesagte Mindestleistung und künftige Beiträge in die Bewertung einfließen. Hierfür gibt es zwar aus aktuarieller Sicht naheliegende Lösungen, allerdings ist nicht klar, inwieweit diese von der Finanzverwaltung akzeptiert werden.

Der BFH-Beschluss ist noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht und wird daher in der Betriebsprüfung noch nicht berücksichtigt. Das BMF-Schreiben vom 17.12.2002 ist dagegen weiterhin gültig und wird im Rahmen der Betriebsprüfungen weiter beachtet werden. Daraus folgt:

Wir empfehlen, derzeit noch nichts an der Berechnung der steuerlichen Pensionsrückstellungen zu ändern.
Über den/die Autor:in(nen)
Thomas Hagemann

Chefaktuar, Mercer Deutschland GmbH

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