Nichts Neues beim Rechnungszins für Pensionsverpflichtungen 

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27 März 2023

In der internationalen Rechnungslegung müssen die Unternehmen mit einer hohen Volatilität des Rechnungszinssatzes leben. Schwankungen belasten zwar die Bilanz, werden aber zumindest nicht in der Gewinn- und Verlustrechnung, sondern erfolgsneutral im other comprehensive income (OCI) erfasst.

Im deutschen Handels- und Steuerrecht gibt es dagegen handfeste Probleme, die der Gesetzgeber angehen könnte. Leider sind aber keine Signale erkennbar, dass die Bundesregierung hier die Initiative ergreift. Und auch das Bundesverfassungsgericht hat es nicht eilig.

Der hohe Zins in § 6a EStG

Wir erinnern uns: Das FG Köln im Vorlagebeschluss vom 12.10.2017 (10 K 977/17) die Auffassung vertreten, dass der steuerliche Rechnungszins für die Bewertung von Pensionsverpflichtungen in § 6a EStG in Höhe von 6 % verfassungswidrig ist und die Frage dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Auch wir haben immer wieder darüber berichtet.

Nun hat das Bundesverfassungsgericht die Jahresvorausschau für 2023 veröffentlicht. § 6a EStG taucht darin nicht auf. Überhaupt finden sich dort nur zwei Verfahren zu unternehmenssteuerlichen Fragestellungen. Bei beiden ist die vorinstanzliche Entscheidung älter, nämlich aus 2013 bzw. 2014. Das heißt, bei unternehmenssteuerlichen Fragestellungen gibt es einen Rechtsprechungsstau beim Bundesverfassungsgericht.

Mittlerweile hat sich auch das Zinsumfeld wesentlich verändert. Die Niedrigzinsphase ist vorbei. Für internationale Bewertungen haben wir mittlerweile Zinssätze von 4 % überschritten. Das könnte auch Auswirkungen auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes haben. Auch wenn das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit des Zinssatzes von 6 % für das Streitjahr bestätigen sollte, könnte es darüber hinaus zu dem Schluss kommen, dass die Verfassungswidrigkeit mittlerweile beseitigt und eine Gesetzesänderung nicht erforderlich ist.

Zunächst wird es aber keine solche Entscheidung geben. Und der Gesetzgeber wird sicher nicht vor einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes tätig werden. Die aktuelle Bundesregierung kann dieses Thema somit wahrscheinlich in die nächste Legislaturperiode verschieben.

Das bedeutet dann auch, dass nicht nur der Rechnungszins von 6 % erhalten bleibt, sondern auch das Teilwertverfahren. Zwar gibt es auch in der Finanzverwaltung den Wunsch, die Mischkalkulation von Past und Future Service zu beenden. Dieses Thema wird aber nicht separat angegangen werden.

Der 10-Jahres-Durchschnittszins in § 253 HGB

Im Jahr 2016 hat der Gesetzgeber speziell für Pensionsverpflichtungen einen eigenen Durchschnittszeitraum für die Zinsberechnung eingeführt. Während vorher für alle Rückstellungen ein 7-Jahres-Durchschnittszins maßgeblich war (und für sonstige Verpflichtungen auch weiterhin ist), wurde der Durchschnittszeitraum für Pensionsverpflichtungen auf 10 Jahre verlängert. Dadurch sollte das Absinken des Rechnungszinssatzes abgebremst werden.

Allerdings wurde gleichzeitig eine Ausschüttungssperre in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den Rückstellungen mit 7- und 10-Jahresdurchschnittszins vorgesehen. Die Ausschüttungsmöglichkeiten wurden also faktisch weiterhin durch die Rückstellungen auf Basis des 7-Jahres-Durchschnittszinssatzes begrenzt.

Mittlerweile ist beim 10-Jahres-Durchschnittszins die Talsohle erreicht, der 7-Jahres-Durchschnittszins steigt bereits wieder. Voraussichtlich im nächsten Jahr werden sich die Verhältnisse umkehren, der 7-Jahres-Durchschnittszins wird größer als der 10-Jahres-Durchschnittszins werden. Dann besteht für die Sonderregelung für Pensionsverpflichtungen kein Raum mehr.

Daher hatte das IDW im letzten Jahr angeregt, baldmöglichst wieder für alle Verpflichtungen einheitlich den 7-Jahres-Rechnungszins vorzugeben. Für Pensionsverpflichtungen sollte es eine Übergangsregelung geben, nach der der aktuelle Zinssatz festgeschrieben wird, bis der 7-Jahres-Durchschnittszins darüber liegt.

Leider hat es von Seiten des angesprochenen Bundesjustizministers oder von anderer Seite aus der Politik keine erkennbare Resonanz gegeben. Daher ist auch hier zu befürchten, dass eine Gesetzesänderung auf die lange Bank geschoben wird.

Fazit: Es tut sich nichts

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass dieses Jahr noch jemand tätig wird. Das Bundesverfassungsgericht wird keine Entscheidung zu § 6a EStG treffen und die Bundesregierung wird keine Gesetzentwürfe zur Änderung von § 6a EStG und § 253 HGB vorlegen. Zumindest werden wir aber, anders als in der internationalen Rechnungslegung, sowohl in der Steuer- als auch in der Handelsbilanz stabile Zinssätze haben. 

Das Bundesverfassungsgericht wird dieses Jahr keine Entscheidung treffen.
Über den/die Autor:in(nen)
Thomas Hagemann
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