Was Sie jetzt über den neuen Verbraucherpreisindex 2020=100 wissen müssen 

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27 März 2023

Im Februar hat das Statistische Bundesamt turnusmäßig den Verbraucherpreisindex (VPI) auf die neue Basis 2020=100 gestellt. Da der Verbraucherpreisindex für Betriebsrentenanpassungen nach § 16 BetrAVG eine große Rolle spielt, lohnt es sich, die Änderungen näher zu betrachten.

Warum wird der Index neu berechnet?

Die Inflation ist ein Maß für die Teuerung. Da die Preise aber nicht für alle Produkte, in allen Geschäften und an allen Orten gleichermaßen steigen, sind Gewichtungen notwendig. Das geschieht über die Wägungsschemata.

Bei der Ermittlung des VPI spielen drei Wägungsschemata eine Rolle. Das wichtigste ist das Wägungsschema Waren und Dienstleistungen, allgemein unter dem Begriff Warenkorb bekannt. Daneben gibt es noch die Wägungsschemata Geschäftstypen (z. B. Supermärkte, Fachgeschäfte, Onlinehandel) und Bundesländer.

Diese Wägungsschemata bestimmen, welche Preise mit welchen Anteilen in den aggregierten VPI einfließen.

Von Zeit zu Zeit, im Schnitt alle fünf Jahre, wird der VPI an die geänderten Kaufgewohnheiten angepasst. Es gibt andere Indizes (beispielsweise der harmonisierte Verbraucherpreisindex, welcher der Vergleichbarkeit und Aggregierbarkeit innerhalb der EU dient), welche die Wägungsschemata jährlich bzw. kontinuierlich anpassen. Das hat aber den Nachteil, dass die jährliche Inflationsrate nicht nur die Preissteigerung, sondern auch die Änderung des Konsumverhaltens abbildet.

Wie hat sich der Warenkorb verändert?

Das Basisjahr 2020 war kein optimales Jahr für die Festlegung der Wägungsschemata, denn 2020 war das erste Jahr der Covid-19-Pandemie. Zur Abmilderung wurden Daten aus 2019 und 2021 mit in die Berechnung einbezogen.

Bei der Anpassung ist der gesamte Zeitraum zwischen Rentenbeginn und Anpassungsstichtag zu berücksichtigen.

Ein deutlich geringeres Gewicht hat der Bereich „04 Wohnung, Wasser, Strom, Gas und andere Brennstoffe“ bekommen. Das Gewicht sank von 32,5 % beim VPI 2015=100 auf nur noch 25,9 % beim VPI 2020=100. Der Teilbereich „045 Strom, Gas u. a. Brennstoffe“ sank von 6,9 % auf 4,3 %.

Im Gegenzug haben mehrere Bereiche ein höheres Gewicht erhalten. Die größten Veränderungen betrafen „12 andere Waren und Dienstleistungen“ (von 7,4 % auf 9,9 %), „01 Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke“ (von 9,7 % auf 11,9 %) und „05 Möbel, Leuchten, Geräte u.a. Haushaltszubehör“ (von 5,0 % auf 6,8 %).

Wie erfolgt der Übergang auf den neuen Index?

Das Statistische Bundesamt hat den VPI für die vergangenen drei Jahre (2020 bis 2022) auf Basis der neuen Wägungsschemata vollständig neu berechnet. Damit verändern sich auch die Inflationsraten für diesen Zeitraum.

Für die Zeit davor werden die bisherigen Indizes mit einem festen Faktor umgerechnet. Hier ändern sich zwar die Indizes, um sie auf die neue Basis 2020=100 anzupassen, die Inflationsraten bleiben aber (bis auf Rundungsdifferenzen) dieselben.

Welche Auswirkungen hat die Änderung?

Da der VPI für die letzten drei Jahre neu berechnet wird, stellt sich die Frage, welche Auswirkungen das auf die Inflationsraten hat. Insbesondere im Hinblick auf die Preisentwicklung des letzten Jahres spielt u. a. das geringere Gewicht von Energie durchaus eine Rolle. Tatsächlich sind die Inflationsraten nach dem neuen VPI 2020=100 geringer als nach dem alten VPI 2015=100.

Der Höchststand der jährlichen Inflationsrate lag nach dem alten Index bei 10,4 % im Oktober 2022. Nach dem neuen Index liegen wir im selben Monat nur noch bei 8,8 %. Während die Inflation nach dem alten Index in den beiden letzten Monaten des Jahres 2022 deutlich zurückging, ist ein nachhaltiges Absinken des neuen Index nicht zu beobachten. Im Februar lag die Inflationsrate bei 8,7 %.

Welche Regelungen zur Rentenanpassung gibt es?

Die gesetzlichen Regelungen zur Rentenanpassung sind komplex. Hier nur ein vereinfachter Überblick.

Grundsätzlich besteht eine gesetzliche Anpassungsprüfungspflicht im Drei-Jahres-Rhythmus. Die Anpassungsprüfungspflicht gilt als erfüllt, wenn die Renten entsprechend dem VPI angepasst werden. Eine Begrenzung auf die Nettolohnentwicklung der aktiven Belegschaft ist zulässig. Unter bestimmten Umständen kann eine Anpassung aus wirtschaftlichen Gründen unterbleiben, die Hürden dafür sind aber hoch.

Für Zusagen, die ab 1999 erteilt wurden, kann an Stelle der Anpassungsprüfungspflicht eine Anpassungsgarantie von mindestens 1 % p. a. erteilt werden. Darüber hinaus besteht bei Pensionskassen und Direktversicherungen mit vollständiger Weitergabe der Überschüsse sowie bei der Beitragszusage mit Mindestleistung keine Anpassungsprüfungspflicht. Im Falle von Entgeltumwandlung mit Zusageerteilung ab 2001 ist eine dieser Varianten zwingend, sodass es hier nie zur Anpassungsprüfungspflicht kommt.

Im Falle eines Auszahlungsplanes mit Restkapitalverrentung besteht keine Anpassungsverpflichtung.

Wir betrachten im Folgenden nur den Fall, dass Renten im Rahmen der gesetzlichen Anpassungsprüfungspflicht entsprechend dem VPI angepasst werden.

Was ist bei einer Anpassung an den VPI zu beachten?

Das Bundesarbeitsgericht hat in vielen Entscheidungen Vorgaben zur Umsetzung der Anpassungsprüfungspflicht gemacht. Im Zusammenhang mit der Indexumstellung sind insbesondere zwei Grundsätze von Bedeutung.

Zum einen ist immer der am Anpassungsstichtag zuletzt veröffentlichte Index zu verwenden.

Bei einer Anpassung im Januar (für die der Dezember-Index maßgeblich ist) ist also weiterhin der VPI 2015=100 zu verwenden, auch wenn die Berechnungen erst heute erfolgen sollten. Bei einer Anpassung im Februar oder einem späteren Monat ist bereits der neue Index zu verwenden. Ein Wahlrecht gibt es nicht.

Zum anderen ist für die Ermittlung der Anpassungshöhe immer der gesamte Zeitraum zwischen Rentenbeginn und Anpassungsstichtag zu berücksichtigen.

Es ist folglich nicht zulässig, immer nur den Zeitraum seit der letzten Anpassung zu beachten. In Zeiträumen ohne Indexwechsel würde das zwar (bis auf Rundungsdifferenzen) zum gleichen Ergebnis führen. Wenn der Index aber wie in diesem Jahr neu berechnet wird, muss der neue Index für den gesamten Rentenbezugszeitraum angesetzt werden.

Ein Rechenbeispiel

Um die Auswirkungen greifbar zu machen, sehen wir uns ein Beispiel an. Eine laufende Leistung mit Rentenbeginn im November 2019 wurde im November 2022 zuletzt angepasst. Dabei kam noch der VPI 2015=100 zum Tragen.

Die nächste Anpassung ist dann im November 2025. Für die Berechnung unterstellen wir, dass der VPI 2020=100 im Oktober 2025 bei 128 liegt. Der linke Teil der Tabelle zeigt das Ergebnis der VPI-Anpassungen, wenn immer nur die Teuerung der letzten drei Jahre ausgeglichen wird. Dann hätte die Neuberechnung des Index für die Jahre 2020 bis 2022 fast keine Auswirkungen auf die Rentenhöhe. Der rechte Teil der Tabelle zeigt die korrekte Vorgehensweise, bei der die zu zahlende Rente immer auf Basis der Rente bei Beginn und der Teuerung seit Beginn ermittelt wird und somit auch für die Jahre 2020 bis 2022 der VPI 2020=100 zum Tragen kommt. 

Bei der aktuellen Indexumstellung führt die korrekte Anpassung ab Rentenbeginn zu einer geringeren Rentenerhöhung. In den Fällen, in denen bisher immer nur die Teuerung der letzten drei Jahre ausgeglichen wurde, wäre ein Wechsel auf die korrekte Anpassung also auch nicht mit Zusatzkosten für das Unternehmen verbunden.

Über den/die Autor:in(nen)
Thomas Hagemann
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